„Das Interconti wird eingerahmt“, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Stärkeren Einfluss auf die Bebauung nehmen: Das Interconti-Hotel in Frankfurt ist für den Umbau geschlossen. Das Hochhaus am Mainufer soll zu beiden Seiten einen Anbau erhalten. In einem Leserbrief reagiert Stefan Forster auf einen Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und kritisiert die Architektur der Neubauten sowie das Vergabeverfahren.
Die städtebauliche Figur des Intercontinental-Hotels aus den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ist in der Tat problematisch. Als einundzwanziggeschossige, frei im Raum stehende Hochhausscheibe ist das Intercontinental ein typisches Relikt des stadtauflösenden Bauens der Nachkriegszeit. Wie andere Bauwerke seiner Zeit – man denke etwa an das von unserem Büro sanierte und erweiterte Philosophicum in Bockenheim – ignoriert es den Maßstab und die Historie des Kontexts.
Die Absicht, das Hotelgebäude in eine Blockrandstruktur einzubinden und damit ein Stück weit zu neutralisieren, ist daher durchaus nachvollziehbar. Umso mehr gilt dies für das Mainprospekt, das seit der Gründerzeit durch eine offenere, kleinteilige Blockrandstruktur geprägt war. Eine Struktur, die in den letzten Jahren durch einige repräsentative Neubauten versucht wurde wiederherzustellen.
Völlig unverständlich ist allerdings, warum die Architektur der Neubauten die Fehler vieler Neubaugebiete der letzten Jahre wiederholt. Die geplante sterile, überwiegend glatte Glasfassade an der Wilhelm-Leuschner-Straße hat keinen Bezug zur Nachbarbebauung und keinerlei raumbildende Kraft. In der Realität erscheinen solche Fassaden auch nicht transparent, wie immerzu behauptet wird, sondern abweisend, spiegelnd und dunkel.
Die am Mainufer dargestellte Architektursprache ist beliebig und passt in ihrem Duktus eher an den Riedberg oder in die Nordweststadt. Sie wird den hohen Anforderungen an die Architekturqualität, gerade an diesem wichtigen Ort Frankfurts, nicht gerecht.
Es drängt sich hier die Frage auf, wie das alles zustande gekommen ist. Zunächst gibt es keine Grundlage für Baurecht an dieser Stelle. Dieses soll über das Instrument des Vorhabenbezogenen Bebauungsplans geschaffen werden. Das Wesen dieser besonderen Form des Bebauungsplans liegt darin, dass entsprechende Bauvorhaben schon sehr frühzeitig in einer großen Detailtiefe feststehen – ein Instrument der Qualitätssicherung, welches sich in vielen Kommunen bewährt hat.
Die Kommune hat hier also ein Mittel, direkt auf die architektonische Qualität Einfluss zu nehmen. Offensichtlich wurde davon ohne Not an dieser Stelle nicht Gebrauch gemacht! Der Stadt kommt letztlich die Verantwortung für eine architektonisch hochwertige Uferpromenade zu. Nur sie kann den Bauherrn auf eine dem Ort angemessene Gestaltung und Architekturqualität verpflichten.
Dem mittlerweile zu einer Art Mantra gewordenen Ruf nach Wettbewerben und Varianten seitens des Städtebaurates ist zu widersprechen. Wir wissen doch längst, dass Wettbewerbe keine Garanten für Qualität sind. Dazu gibt es doch in der Stadt ausreichend anschauliche Beispiele. Wir wissen auch längst, dass der Städtebaubeirat kein ernstzunehmendes Gremium ist, in dem Oualität verhandelt wird. Hier geht es den Teilnehmern lediglich um die Akquisition von Bauprojekten.
Da die Stadtplanung die notwendige Qualitätssicherung der Architektur offensichtlich nicht leisten kann, wie wir an diesem Beispiel sehen, braucht die Stadt dringend einen unabhängigen Gestaltungsbeirat, besetzt mit auswärtigen angesehenen Kollegen, damit solche Unfälle nicht passieren.
Leserbrief zu: „Das Interconti wird eingerahmt“, erschienen in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Oktober 2021