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Architektur

Nachgefragt: Stefan Forster

von Stefan Forster

Ob Elbphilharmonie in Hamburg, Stuttgart 21 oder der Hauptstadtflughafen – die Kritik an den explodierenden Kosten von Großprojekten nehmen zu. Ihr Scheitern offenbart auch ein verschobenes Wertesystem.

ark, 4/2014

Klassiker wie die Elbphilharmonie in Hamburg, Stuttgart 21 und auch der neue, heute fast schon „alte“ Hauptstadtflughafen geistern seit Jahren durch unsere Gazetten. Der Unmut gegenüber diesen Solitärarchitekturen für ein „herausragendes, kreatives Standortmarkting“ scheint fast grenzenlos bei solchen oft dilettantisch wirkenden Fehlplanungen.

lntransparente Kommunikation, unterschätzte Kosten, mangelnde Erfahrungen aller Beteiligten für derlei gigantische Projekte und auch politisches Versagen scheinen die größten Faktoren für verschlungene Unsummen. Am Ende der Jahrzehnte im Bau befindlichen, nie enden wollenden Großprojekte stehen oft genug Baukosten, die jegliches Maß an gesundem Menschenverstand übertreffen.

Um die Frage eindeutig zu beantworten: Der zu erwartende Wert für den Standort rechtfertigt nicht die aus dem Ruder gelaufenen Baukosten. Der erhoffte Standortvorteil, falls er sich überhaupt einstellen sollte, wäre durch weitaus geringere Baukosten erzielbar gewesen.

Warum mangelt es der Bevölkerung an Verständnis für diesen Größenwahn und Dilettantismus? Weil es auf der anderen Seite am Elementarsten fehlt: an bezahlbarem und vor allem qualitativem Wohnraum und nicht etwa an neuen Besuchermagneten, Konsumtempeln oder ähnlichen „Gag“-Architekturen.

Hier sollten wir ansetzen: beim Wert der Gebäude, die unser alltägliches Leben prägen. Wie viel ist uns dies wert und wer bestimmt diesen Alltag? überteuerte Grundstückspreise in Deutschlands Innenstädten lassen zum einen selbst kleine Bauvorhaben für Wohnungen im Sinne der Normalverdiener unmöglich erscheinen und schaffen zum anderen sogenanntes „Luxuswohnen“ auf Billigniveau.

Wir müssen leider konstatieren, dass sich unser Wertesystem verschoben hat. Wert heißt nur noch Wert gleich Rendite, die sich aus den Verkäufen von Lebensräumen erzielen lässt. Diese Jagd nach immer höheren Renditen lässt jede Verantwortung für die Qualität des Lebensraumes Stadt seitens der Investoren vermissen.

Wir müssen dieses Wertesystem wieder einfordern: Wertigkeit heißt, qualitative Häuser mit dauerhaften Materialien, in einer sozialverträglichen Durchmischung, zu bezahlbaren Preisen zu schaffen. Jeder, der am Bauen in der Stadt verdient, muss der Stadt dafür etwas zurückgeben und trägt somit Mitverantwortung für die Schaffung dieser Werte.

Erschienen im Architekturmagazin ark, 4/2014